Corona: Wie finden wir wieder zusammen?

Ich bin in Sorge, wie viele andere Menschen um mich herum auch: Manchmal haben wir keine gemeinsame Sprache mehr. Menschen, mit denen ich viele Jahre den einen oder anderen Teil meines Lebens gemeinsam gestaltet habe, verstehe ich nicht mehr und umgekehrt!

Wir driften immer weiter auseinander, wir sind nicht nur verschiedener Meinung, es fühlt sich an, als ob sich abgrundtiefe Gräben auftun würden.

Ich bin verunsichert, ich hinterfrage mich, ich rede mit Freund*innen, ich versuche wieder Orientierung zu finden – jeden Tag von neuem.

Dann beschließe ich das zu tun, was schon immer eine meiner Strategien im Leben war, wenn es Situationen gab, die einer neuen Orientierung bedurften: Ich suche mir andere Menschen, mit denen ich mich austauschen oder mit denen ich vielleicht sogar gemeinsam handeln kann, um die Ohnmacht zu verlassen und das Gefühl zu bekommen, da könnte es lang gehen, so könnten wir wieder in einem wertschätzenden Dialog zusammen finden.

Die Gruppe soll sich online treffen, dann können Interessierte aus Erlangen, aus Ansbach oder Weißenburg problemlos dazu kommen und außerdem müssen wir uns nicht um irgendwelche Corona-Vorgaben kümmern.

Seit Anfang Dezember treffen wir uns nun etwa alle zwei Wochen als Selbsthilfegruppe auf der Plattform Kiss.On. Es war gar nicht so schwierig, Interessierte zu finden. Zu Beginn waren es sogar so viele, dass ich die Befürchtung hatte, online könnte es etwas unübersichtlich werden. Ich beschränkte die Anzahl auf 12 Personen. Und bekam für das erste Treffen Unterstützung von einer Kiss-Mitarbeiterin, so dass es etwas leichter wurde, einen Einstieg zu finden. „Was bewegt uns? Warum suchen wir den Austausch mit anderen Menschen? Wie können wir in dieser Runde zusammenfinden?“ – so fing es an.

Wichtig war mir, dass es unverbindlich ist, wer Zeit und Lust hat, kann dazu kommen und mitreden. Diese Form ist online leichter durchzuführen, da ich ja nirgends hinfahren muss, um dann evtl. festzustellen, dass ich alleine da bin. Ich muss einfach nur den virtuellen Raum öffnen. Dann ist es immer spannend, wer wohl heute dazu kommt. Immer wieder finden Neue den Weg, andere bleiben fern. Am besten läuft es, wenn wir weniger als 8 Personen sind. Dann ist es übersichtlich und alle können zu Wort kommen.

Wie in allen Selbsthilfegruppen sind die Gespräche mal lebendig, mal eher zäh, mal tiefgründig und philosophisch und häufig sehr politisch. Die Meinungen gehen auseinander, aber wir schaffen es immer, einen wertschätzenden Dialog zu führen. Mir tut er gut, dieser Austausch mit Menschen, die wie ich verunsichert sind, die ihre innere Haltung reflektieren wollen und auch bereit sind, sich von anderen hinterfragen zu lassen. Und ich glaube, den meisten anderen auch.