Junge Selbsthilfe – neue Zugangswege finden und gestalten

…lautet der Arbeitstitel des Workshops „Junge Selbsthilfe“ beim 11. bayerischen Selbsthilfekongress in Augsburg, den Kiss angeboten hat.  Gut 300 Teilnehmende zählt der gesamte Selbsthilfekongress dieses Jahr, mehr als zwei Drittel davon sind Selbsthilfeaktive, die aus ganz Bayern angereist sind.  Auch das Interesse am Workshop Junge Selbsthilfe ist groß und so diskutieren 31 Selbsthilfeaktive und MitarbeiterInnen aus Selbsthilfekontaktstellen darüber, was Selbsthilfe überhaupt ist und ob dieses Verständnis ausreicht, um junge Erwachsene für das Thema Selbsthilfe zu begeistern.

Schnell wird klar, dass es eine Erweiterung des Begriffs „Selbsthilfe“ braucht und zwar in zwei Dimensionen:

  1. Die Form: Selbsthilfe heißt nicht nur Stuhlkreis! Auch gemeinsame Aktivitäten gehören dazu.
  2. Der Inhalt: Selbsthilfe ist nicht nur krankheits- und problembezogen! Es gibt so viele Themen, die in Selbsthilfegruppen bearbeitet werden können.

Als „Praxisbeispiel“ haben wir Unterstützung von zwei Selbsthilfeaktiven aus dem Verein Queerbeet Augsburg e. V., die uns genau das bestätigen. So erzählen die beiden, dass sich in ihrer Gruppe schwule, lesbische, bisexuelle, trans* und queere Menschen treffen, austauschen, Themen erarbeiten oder zusammen unterwegs und aktiv sind. Die Arbeit der jungen Gruppe beeindruckt die Workshopteilnehmenden und so werden die beiden regelrecht mit Fragen gelöchert, die sie geduldig und mit viel Humor beantworten.

In den anschließenden Kleingruppen wird angeregt zu den Fragen „Was wollen junge Menschen in der Selbsthilfe? Was gibt es schon, was hat sich bewährt? (Gruppenthemen, Arbeitsform), Was fehlt im Bereich Junge Selbsthilfe? und „Bringt es etwas, wenn sich junge Leute unter sich austauschen (oder fehlt da die Erfahrung)? Gibt es vielleicht Themen, die erst die jetzige (junge) Generation betreffen? Was können „alte“ Selbsthilfeaktive beitragen?“ diskutiert und die Ergebnisse dann im Plenum gesammelt.

Foto: Flipcharts zu den Themen Junge Selbsthilfe

Fazit: Wir sind uns einig, dass es das Konzept Junge Selbsthilfe braucht! Der Austausch unter Gleichaltrigen und damit das Teilen von Erfahrungen auf Augenhöhe ohne „Belehrung durch Ältere“ sind genauso wichtig wie anzuerkennen, dass junge Menschen oft andere, unter Umständen neue Themen haben oder auch Krankheiten anders erleben und verarbeiten. Um junge Menschen für die Selbsthilfe zu erreichen, braucht es aktive, aufsuchende Angebote, die ggf. zunächst anonym genutzt werden können sowie eine Vielzahl von Kanälen z. B. Social Media. Auf der anderen Seite brauchen bestehende junge Selbsthilfegruppen Unterstützung durch Fortbildungen und finanzielle Mittel und vor allem die Akzeptanz, ihre Gruppe so zu gestalten, wie es für sie am besten passt – auch wenn die Selbsthilfegruppe dann vielleicht nicht mehr „Selbsthilfegruppe“ heißt.