Vorneweg sei gleich gesagt: Die Selbsthilfe lässt sich nicht nur bewegen, sondern sie bewegt sich selbst mit all ihren Gruppen! Nun könnte man den schönen Satz schreiben: „Wir haben gelernt, mit der Pandemie zu leben!“ Stimmt das?
Elisabeth Benzing, Kiss Mittelfranken, hat sich mal Gedanken dazu gemacht: „Ich glaube nicht unbedingt, dass wir alle schon gelernt haben, mit den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen zu leben.
Jede Selbsthilfegruppe hat nach Möglichkeiten gesucht, in irgendeiner Form in Kontakt zu bleiben und das Gruppengeschehen aufrecht zu erhalten. Dabei gibt es immer wieder Stolpersteine, die beseitigt oder gemeinsam umrundet werden müssen. Manches endet auch einfach nur in einer Sackgasse und alle müssen zum Start zurück. Die Wege in der Krise sind so vielfältig und bunt wie immer in der Selbsthilfe – daran hat sich definitiv nichts geändert. Das Ziel ist nie vorhersehbar, die Wege entstehen im Gehen – auch daran hat sich nichts geändert.
Und genau darin liegt die Stärke der gemeinschaftlichen Selbsthilfe: Da es keine vorgeschriebenen Pfade gibt, können unvorhergesehene Krisen flexibler angegangen werden. Die Gruppenregeln erlauben „die Störung“, die zunächst alles durcheinanderwirbelt, die einfordert, dass sich alle damit beschäftigen und dadurch ermöglicht, an einem anderen Punkt neu zu beginnen. „Corona“ hat mächtig gestört, alle mussten sich damit beschäftigen (nicht nur in der Gruppe) und daraus entstanden und entstehen immer noch neue Wege.
Viele Gruppen nutzen inzwischen die Plattform Kiss.On Video oder andere Tools, um die Gruppentreffen online abzuhalten. Wie schon im ersten Lockdown festgestellt: Sie ersetzen kein Treffen in Präsenz, aber sie ermöglichen den Kontakt untereinander und die Sorgen oder Freuden der einzelnen können mit allen geteilt werden. Das erfüllt auf jeden Fall den „Auftrag“ der gemeinschaftlichen Selbsthilfe.
Andere Gruppen treffen sich nach wie vor in Präsenz. Sie haben sich einen großen, gut belüfteten Raum gesucht, der viel Abstand ermöglicht, sie tragen Maske und je nach Vorgabe sind sie mal nur zur fünft oder – wenn erlaubt und die Größe des Raums es hergibt – auch mal zu zehnt. Oder die Gruppe hat sich geteilt, weil der Raum zu klein ist. Die beiden Kleingruppen treffen sich zeitlich versetzt im 14-tägigen Rhythmus oder direkt nacheinander, jeweils nur eine Stunde.
Manche Gruppen gehen gemeinsam spazieren, nicht nur im Sommer, auch jetzt im Winter, manchmal nur zu zweit, weil es die Vorgaben so wollen oder, wenn erlaubt, auch in der Gruppe. Im Gehen lässt sich gut reden.
Manche Gruppen telefonieren regelmäßig miteinander, in Zweiergesprächen oder per Telefonkonferenz in der Runde – sie müssen sich nicht sehen, es reicht, wenn sie sich hören. Und Telefon haben alle, da braucht es keine extra Technik.
Und dann gibt es Gruppen, die haben immer noch keinen Weg gefunden. Die Angst dominiert, die Technik fehlt, sie kannten sich zu kurz, es waren noch keine persönlichen Beziehungen gewachsen, niemand hat sich verantwortlich gefühlt, der anstrengende Corona-Alltag hat keinen Raum für Kreativität gelassen, … Es gibt viele Gründe, weshalb es nicht so läuft, wie man es sich wünscht! Was bleibt, ist die Sorge, ob es die Gruppe noch gibt, wenn trotz Pandemie wieder mehr möglich ist.
Egal, an welchem Punkt des Weges Ihre Gruppe gerade steht: Nutzen Sie unsere Angebote für den Austausch mit Teilnehmenden aus anderen Selbsthilfegruppen. Diese Austauschrunden bergen einen großen Schatz an Ideen und Lösungsvorschlägen, die aus Sackgassen führen können, die sogar gordische Knoten wieder lösen. Nutzen Sie unser Angebot der telefonischen Beratung, wenn Sie Ihre Sorgen erzählen wollen, auch dafür sind wir da. Und natürlich lauschen wir auch gerne den Erzählungen über freudige Ereignisse aus der Gruppe, die wir dann als Geheimtipp an andere Ratsuchende weitergeben!“
Selbsthilfe war, ist und bleibt bewegt – weil sie von dem Engagement, dem Mut und der Kreativität vieler Einzelner lebt!