Kiss lernt Gebärdensprache

So ruhig war es noch nie bei einer Fortbildung. Die am Anfang unterstützende Dolmetscherin ist gerade gegangen und wir zwölf Mitarbeiter*innen von Kiss schauen uns einander etwas verunsichert an. Die Dozentin dagegen wirkt gelassen. Sie ist gehörlos, ihre Sprache ist die Gebärdensprache. Und wir sind hörend, kommunizieren den ganzen Tag mit gesprochenen Worten und können uns noch nicht vorstellen, wie diese Fortbildung funktionieren soll.

Wir beginnen mit der Aufgabe zu überlegen, welche Vor- und Nachteile es hat, hören zu können bzw. eben nicht hören zu können. Und schnell wird klar, dass es nicht nur Vorteile hat, hörend zu sein und dass Gehörlosigkeit nicht nur Nachteile mit sich bringt. Noch etwas wird klar: Hörende und gehörlose Menschen leben in getrennten Welten! Sprache und Kommunikation sind etwas so Essentielles für uns Menschen, dass es uns voneinander trennt, wenn wir keinen Weg finden, miteinander „ins Gespräch zu kommen“. Und genau das ist der Hintergrund dieser Fortbildung: Uns hat es geärgert und auch beschämt, gehörlose Menschen bei Veranstaltungen und Beratungen nicht richtig begrüßen oder uns nach ihrem Wohlbefinden erkundigen zu können. Natürlich war uns klar, dass diese Fortbildung keine Gebärdensprach-Profis aus uns machen würde und wir weiterhin auf die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher*innen angewiesen sein würden. Aber wir wollten gerne ein Grundverständnis für diese Sprache entwickeln und einige Gebärden lernen, um gehörlosen Menschen bei unserer Arbeit besser begegnen zu können.
Die Dozentin wusste genau, was sie tat. Mit viel Geduld und manchmal schriftlicher Unterstützung hat sie uns an fünf Vormittagen einige Grundlagen der Gebärdensprache beigebracht. Wir haben gelernt, wie wir uns vorstellen und einiges über uns erzählen bzw. über unser Gegenüber erfragen können. Dabei sind wir immer wieder über die Grammatik der Gebärdensprache (die eigentlich so viel einfacher ist als die deutsche Grammatik) gestolpert. Und wir haben viel gelacht – entweder, weil wieder einmal eine Gebärde falsch gemacht haben und dadurch etwas anderes „gesagt“ haben als wir wollten. Oder, weil wir einander Fragen gestellt haben, die im beruflichen Alltag normalerweise nicht auftauchen und manch überraschende Antwort dabei war. Auf jeden Fall hatten wir riesigen Spaß, in die Gebärdensprache einzutauchen (auf dem Foto machen wir den Gebärdengruß, bestehend aus den Buchstaben I, L und Y für „I love you“). Der Gebärdensprachkurs hat uns als Team näher zusammen gebracht und wir freuen uns, unsere Kenntnisse bei der nächsten Gelegenheit anzuwenden!