„Wie geht‘s, wie steht’s? Wo soll’s hingehen?“ – Die Gruppeninventur!

Unsere Selbsthilfegruppe besteht schon seit acht Jahren, also mal Zeit, um eine Rückschau zu halten und zu überlegen, was passt noch oder was könnten wir verändern,“ äußern die einen und die anderen beschäftigen sich mit der Frage „Zu uns kommen nur noch selten Neue in die Gruppe und wenn mal welche kommen, dann bleiben sie nicht. Woran liegt das, an uns, an unseren Strukturen oder …?“. Typische Beispiele für Anliegen, mit denen sich Selbsthilfeaktive zur „Gruppeninventur“ anmelden.

Die Gruppeninventur ist ein bayernweites Projekt, angeboten von der Selbsthilfekoordination Bayern. Sie soll den Selbsthilfegruppen ermöglichen, einen halben Tag lang an einem anderen Ort mit einer/einem Mitarbeiter*in einer anderen Selbsthilfekontaktstelle über das Gruppengeschehen zu reflektieren und mögliche Veränderungen oder gar einen Perspektivenwechsel in Betracht zu ziehen. Wenn eine Gruppe sich für die Gruppeninventur entscheidet, ist es gut, wenn möglichst viele Teilnehmende aus der Gruppe dabei sind, denn jede*r hat einen anderen Blick auf das Geschehen und trägt letztlich zum Gelingen der Treffen bei.

Alle können eigene Fragen, Wünsche und Erwartungen mitbringen und gemeinsam wird zu Beginn überlegt, welche Themen (Neue in der Gruppe, Moderation der Treffen, Vertrauen, Konflikte, etc.) am dringlichsten sind. Anhand unterschiedlicher Methoden werden die Themen betrachtet, diskutiert und schließlich nach Lösungen gesucht.

Mithilfe einer „Zeitschiene“ beispielsweise, auf der sich die Teilnehmenden aufstellen, kann sich die Gruppe einen Überblick verschaffen, wann wer in die Gruppe kam und was in welchem Jahr in der Gruppe los war. Oder die Teilnehmenden malen ein Gefährt, das die Gruppe symbolisiert und erzählen mit eigenen Worten, wer wo im Gefährt sitzt und wie es sich in den letzten Jahren fortbewegt hat. Im Fokus steht die Überlegung, welchen Stellenwert die Gruppe für die Einzelnen derzeit hat, wie zufrieden jede*r ist und was es von allen braucht, damit neuer Schwung in die Gruppe kommt. 

Eine weitere Methode zur Reflexion ist das Rollenspiel: Die bestehenden Rollen in der Gruppe werden anders verteilt. Die Vielredner*innen müssen schweigen, die Stillen sollen sich rege beteiligen oder die Leitung darf nicht moderieren. Im anschließenden Austausch kann jede*r erzählen, wie es in der anderen Rolle war und wie sich das angefühlt hat. Zwischendurch lockern kleine Entspannungsübungen oder Gruppenspiele das intensive „Arbeiten“ am Thema auf.

Meistens gibt es spannende, lebendige, vielleicht auch konfliktreiche Diskussionen und eines ist immer gewiss: die Gruppe nimmt einen bunten Strauß an Anregungen mit nach Hause. Dort werden diejenigen, die nicht dabei waren, über alles informiert und in die weiterführenden Gespräche mit einbezogen. Ziel ist, einen Weg für die Gruppe zu finden, den alle mitgehen können.

Schon viele Selbsthilfegruppen sind in den letzten drei Jahren kreuz und quer durch Bayern gereist – von Hof nach Rosenheim, vom Allgäu nach Nürnberg, von Würzburg nach Hersbruck. Und die meisten verbinden die Inventur mit einem kleinen „Gruppenabenteuer“ vor Ort: Essen gehen, eine Stadtführung buchen, Shoppen gehen, ein Theaterbesuch oder sogar eine Übernachtung in der anderen Stadt. Denn: nicht nur das Reden über die Probleme bringt Veränderung, sondern auch der gemeinsame Ausflug gibt jeder Gruppe die Möglichkeit, sich gegenseitig nochmals ganz anders kennen zu lernen. Wer also Lust bekommen hat, kann hier die Termine finden.

Kiss Mittelfranken, den 11.12.2019